Der Freiburger Vollzugsdienst

Recherchepapier 1. Fassung vom Februar 2020

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Den Vollzugsdienst der Polizeibehörde (VD) gibt es in Freiburg seit Oktober 2017 und geht auf eine Vereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Freiburg zurück. Er ist damit der städtische Teil des Deals, dass das Innenministerium mehr Polizist*innen nach Freiburg versetzt (eben im Rahmen der Sicherheitspartnerschaft) und die Stadt Freiburg dafür mit der Einführung des Ordnungsdienstes die Polizei entlaste (Quelle: Suedkurier 19.8.2019). Solche Kommunale Vollzugsdienste, die sich als Polizeibehörde bezeichnen, gibt es auch in Karlsruhe und Stuttgart. Nach Angabe der Stadt soll der VD “verstärkt gegen Ordnungswidrigkeiten vorgehen” (Quelle Stadt Freiburg).

Der VD besteht aus Angestellten der Stadt Freiburg, keine Polizist*innen. Ihre Uniformen sind von weitem kaum bis gar nicht von denen der Polizist*innen zu unterscheiden. Diese Nähe ist absichtlich so gestaltet worden, die Stadt schreibt dazu, dass “die polizeiähnliche Dienstkleidung […] sie für jeden erkennbar [macht]” (Quelle freiburg.de 11.10.2017). Name oder Identifikationsnummer sind nicht auf der Dienstkleidung angebracht, jedoch würden die VD Mitarbeiter*innen auf Anfrage ihren Dienstausweis zeigen und ihren Namen nennen (Quelle https://jpg-freiburg.de/node/1241 )

Eine kurze Begriffsklärung

Wichtig ist es, trotz der begrifflichen Unschärfe, zwischen dem neu eingeführten Vollzugsdienst der Polizeibehörde (VD) und dem Gemeindevollzugsdienst (GVD) zu unterscheiden. Beim VD handelt es sich um die neu eingeführte Truppe, während schon lange Knöllchen und Bußgelder im Stadtgebiet verteilt, vor allem für Falschparken, überschreiten der Tempolimits und ähnliches. Beide Dienste sind dem Amt für öffentliche Ordnung unterstellt. Der GVD sei bisher lediglich für den Bereich Verkehr zuständig gewesen (Polizeipräsidium Freiburg 2017), der VD soll alle Ordnungsstörungen in der Innenstadt “feststellen und unterbinden”.

In Artikeln aus der Presse wird diese Trennung häufig nicht wahrgenommen oder absichtlich übergangen und von kommunalem Vollzugsdienst oder städtischen Vollzugsdienst gesprochen. Was dann genau gemeint ist, weiß der Autor des Artikels manchmal selber nicht. Die Bezeichnung als „kommunale Polizist*innen“ oder als „Schutzmänner“ sind dann auch gänzlich falsch, irreführend und politisch höchst problematisch. Der VD und der GVD sind kein Teil der Polizei, sondern bekommt ledigliche polizeiliche Befugnisse für die Durchführung seiner Arbeit.

Der VD hat derzeit 11 Mitarbeiter*innen (Stand Januar 2020), die eine zweimonatige Ausbildung durchlaufen haben. Anhand der Ausbilder, das Amt für öffentliche Ordnung, die Verwaltung- und Wirtschaftsakademie Freiburg und das Polizeipräsidium Freiburg, sowie eine Schulung durch die Freiburger Wirtschaft Touristik und Messen GmbH (FWTM) (Stadt Freiburg , 2017), lassen sich auch die Aufgabenfelder des VD erklären.

Aufgabenfelder und Befugnisse des VD:

Die unterschiedlichen Aufgabenfelder des Vollzugsdienstes sind: Ordnungswidrigkeiten, die Imagepflege der Stadt, das subjektive Sicherheitsgefühl zu steigern und die generelle Disziplinierung des öffentlichen Raumes. Durch die starke Präsenz in der Stadt, welche durch die häufigen Streifen durch die Innenstadt, Parkanlagen und entlang des Dreisamufers soll er „bürgernah“ wirken. Die Stadt Freiburg verspricht sich außerdem von der Präsenz des VD im öffentlichen Raum ein erhöhtes Sicherheitsgefühl der Bürger*innen. Dafür reicht angeblich schon die Präsenz der blau Uniformierten VD Mitarbeiter*innen.

Im Kontext von Polizeipräsenz im öffentlichen Raum gibt es jedoch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, die von einer Verunsicherung von Bürger*innen durch erhöhte Polizeipräsenz sprechen, z.b. durch sehr viele Streifenfahrten (Montag 2016, S. 4; Richter/Kind 2016, S. 5). Logisch wenn Mensch denkt, viel Polizei gäbe es ja nur da wo sie nötig sei. Im Falle des VD ist daher zu hinterfragen, ob die angestrebte “bürgernähe” und Imagepflege nicht durch die absichtliche visuelle Nähe zur Polizei verhindert wird. Zum anderen bedeutet Imagepflege auch immer, dass hier von Menschen in Machtpositionen ein Bild vorgegeben wird, wie eine Stadt auszusehen hat. Auf der Kehrseite bedeutet dies, dass sich Menschen, die sich nicht in dieses Bild einfügen lassen wollen oder nicht können, aus dem öffentlichen Stadtbild verdrängt werden. Der VD in Freiburg ist nämlich auch explizit damit beauftragt Obdachlose aus der Innenstadt zu verdrängen (vgl. Polizeiordnung der Stadt Freiburg1). In diesem Kontext der Imagepflege ist auch das polizieren des Stühlinger Kirchplatzes zu sehen, der auch mal ein beliebter Treffpunkt für viele Anwohner*innen war.

Zwei Mitarbeiter des VD. Foto: RDL/CC-BY-SA-NC

Der Kriminologe Roland Hefendehl sieht die Grundlage des VD in der, längst widerlegten, „Broken Windows Theorie“ (Suedkurier 2019), während der erste Bürgermeister Neideck hingegen, in der Antwort auf eine Anfrage von der JPG Fraktion erklärt, dass die Broken Windows Theorie „weder für die Einsatzkonzeption des Vollzugsdienstes der Polizeibehörde (VD) noch bei dessen täglicher Arbeit handlungsleitend“ sei (JPG 2018). Der Leitspruch der „Broken Windows“ Theorie kann zusammengefasst werden als „dass soziale und physikalische Unordnung, sofern sie nicht beseitigt wird, sich immer weiter verstärkt“ (Gluba 2014 zitiert nach Montag 2016, S. 6). Prominentestes Beispiel wäre, dass eine zerbrochene Fensterscheibe, eben auch weitere Fensterscheibeneinbrüche und irgendwann auch die Plünderung des Hauses zur Folge hätten. Angewandt wird die Theorie aber gerne auch in den Bereich der Graffiti. Das die Graffiti so gar nicht in das Imagepflegekonzept der Stadt Freiburg passen, lässt sich anhand der Bemühungen des Übermalens in letzter Zeit im gesamten Stadtgebiet ganz gut ablesen2. Die Stadt legitimiert ihr harsches Vorgehen gegenüber Graffitis argumentativ mit der Broken Windows Theorie.

Der VD beobachtet viel, spricht ständig Menschen an, allerdings nicht erst bei dem Verstoß einer bestimmten Regel, eines Gesetzes, sondern schon vorher. Hier geht es dann um Wildpinkeln, unerlaubtes Grillen oder Nächtigen auf der Straße. Entsprechend der Broken Windows Theorie muss man solche kleine Regelverstöße ahnden, um einer Abwärtsspirale entgegenzuwirken. Dies zählen alle zu den Ordnungswidrigkeiten, um die sich der VD kümmert. Darunter fallen allgemeine Ordnungswidrigkeiten wie z.B. Verstöße gegen die Polizeiverordnung der Stadt oder die Gefahrhundeverordnung, das Gewerbe- und Lebensmittelrecht, den Umweltschutz, das Abfallrecht oder das Gaststättenrecht. Der VD ist nicht, wie die Polizei für Straftaten zuständig.

Eine Ordnungswidrigkeit beschreibt Verstöße „im kleineren Ausmaß“, die also keine größeren Schäden verursachen. Eine Verteilung von Bußgeld ist hierbei normal (je nach Art der Ordnungswidrigkeit kann die Höhe des Bußgeldes variieren). So was, wie die öffentlichen Verkehrsmittel ohne gültigen Ticket nutzen, Ruhezeiten mit Lärmbelästigung stören, oder im Halteverbot parken sind Beispiele dafür.

Eine Straftat dagegen ist „eine bewusste und schuldhafte Handlung, die eine Überschreitung des Gesetzes ohne rechtfertigende Gründe darstellt“. Es handelt sich auch um Handlungen, die einen hohen Schaden (an Personen oder Gegenständen) nach sich ziehen. Beispiel für eine Straftat wären üble Brandstiftung, Nötigung oder Bestechung3. Straftäter*innen, welche der VD erwischt, werden deswegen der Polizei übergeben.

Allgemein gilt also: Der VD kümmert sich nur um Ordnungswidrigkeiten und die Polizei auch um Straftaten.

Die Wirkung des VD soll bei der Erledigung dieser Aufgabe “deeskalierend” sein, er soll “Konflikte verbal lösen” können und drohen statt handeln (wenn es geht). Laut der Badischen Zeitung (BZ) besitzt der VD aber auch dieselben Befugnisse wie die Landespolizei. So gelten für den VD alle Rechte und Pflichten des Polizeigesetzes bis zur tatsächlichen Anwendung des unmittelbaren Zwangs (sprich: Gewalt). Wegen des disziplinierenden Ansatzes, den die Stadt dem VD aufgetragen hat, hat er dann auch für die meisten Ordnungswidrigkeiten Handzettel parat, die diesbezüglich einen das Problem erklären und informieren. So dient der VD dazu Menschen auch aufzuzeigen was sie Falsch gemacht haben und sie zu bestrafen. Er soll dabei ihnen auch die angebliche Notwendigkeit dieser Regeln aufzeigen, damit Mensch langfristig ein „besserer Bürger“ wird. So werden also „nächtigende Personen“ an die OASE verwiesen, unabhängig davon, ob diese ein geeigneter Ort für sie ist, und die Skateboardfahrer*innen, die nach der Eröffnung immer auf dem Platz der Alten Synagoge waren, wurden vertrieben, da der Lärm die Anwohner*innen stören würde und sie den Platz beschädigen würden (JPG 2018). Der VD wird deswegen auch als präventiv beschrieben (Z.b. im SPD Stühlinger Magazin #3-2018), dabei ist er nur reaktiv tätig. Prävention ist es eben nicht gegen Wildpinkler vorzugehen, sondern mehr öffentliche Toiletten in der Stadt zu schaffen.

Für die Imagepflege der Stadt bringt der VD wohl den größten Nutzen, so können die Mitarbeiter des VD dank ihrer Touristik Schulung durch die „Freiburger Wirtschaft Touristik und Messen GmbH“ (FWTM) auch Tourist*innen den Weg von A nach B erklären und sonst auch die ein oder andere Frage der Bürger*innen beantworten (Stadt Freiburg, 2017).

Der VD ist zur Durchführung seiner Aufgaben auch bestens ausgestattet. Jenseits der Polizei-imitierenden Uniform führen die Mitarbeiter Handschellen, Pfefferspray und Lärmmessgeräte mit sich und tragen Schutzwesten. Schlagstöcke oder gar Schusswaffen tragen sie nicht. Die Befugnis Schusswaffen im Dienst zu tragen hat der VD nicht bekommen.

Ganz spannend ist auch, dass trotz dieser Aufgabenfülle der VD nichts in Richtung Drogenhilfe unternimmt, da es sich hierbei um Straftaten handelt und damit an die Polizei abgegeben wird.

Eine kurze Chronologie zum VD

Der Satire “Kot” in Aktion

Ob es in Freiburg eine der jetzigen “Polizeibehörde” entsprechende Instanz geben soll, ist schon lange Thema in der Kommunalpolitik. 2013 forderten Anwohner einen Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) von der Stadt. Diese Forderung wurde so stark diskutiert, dass es auch zu einer Demonstration gegen die Einführung eines KODs kam, bevor der Gemeinderat am 28.11.13 mit 25 zu 24 Stimmen sich gegen die Einführung eines KOD aussprach. Doch schon am 26.3.14 stimmte dann doch eine Mehrheit für ein KOD Konzept mit einem Budget von einer Million Euro im Jahr. Auf diese Entscheidung folgte eine Petition und schließlich der Stopp der Einführung durch den Gemeinderat am 20.10.14, sehr zum Bedauern der Anwohner*innen, die sich inzwischen in der “WIR”-Initiative gesammelt hatten. Es folge kurz darauf auch noch symbolische Aktionen gegen Lärmbelästigung in der Innenstadt, bis dato war der KOD vor allem gedacht, um nächtliche Ruhestörung in der Innenstadt zu bekämpfen.

Nur wenig später bekam Freiburg, relativ zeitgleich mit der Sicherheitspartnerschaft, dann doch den KOD, nun als Polizeibehörde bezeichnet und im Nachgang der Sicherheitsdebatte nach einem Mordfall auch problemlos vom Gemeinderat abgenickt. Gleichzeitig bewegte der Fokus sich auch auf “mehr Sicherheit” statt Ruhestörung, wodurch die Kompetenzen weitläufiger abgesteckt werden konnten. Ursprünglich wurde der VD im Oktober 2017 dann mit 12 Mitarbeitern eingeführt. Der VD brachte mit sich 650 000€ jährliche Personalkosten und solle Werktags bis 21 Uhr und an den Wochenenden sowie an Feiertagen auch bis 24 Uhr in der Innenstadt eingesetzt werden. Sonderaktionen wurden auch angekündigt und durchgeführt um Parks und das Dreisamufer zu kontrollieren. Zur Einführung bestand der VD nur aus Männern, unter den neu Angestellten waren keine Frauen und niemand mit Migrationshintergrund (Suedkurier 2017). Die Arbeit des VD wurde von der Stadt ausreichend positiv evaluiert, das dieser am 27.02.2019 aufgestockt wurde auf 18 Personen und von nun auch Nachts unterwegs ist. Seither werden Menschen, die den Abend genießen, auch pünktlich um 10 gebeten leise zu sein, ihren Müll mitzunehmen, etc.

Jene Evaluation, auf Basis derer der VD als erfolgreich dargestellt wird, ist uns nicht zugänglich. Angeblich sollte schon ein halbes Jahr nach Einführung eine Evaluation stattfinden und veröffentlicht werden. Diese konnten wir jedoch nicht finden. Stattdessen gibt es eine beauftragte Evaluation, welche bis zum November 2019 läuft und vom eingetragenen Verein “Freiburger Insitut für angewandte Sozialwissenschaften” durchgeführt wird. Ob und wann diese öffentlich zugänglich sein wird bleibt unklar.

Schließlich gibt es noch eine „Evaluation“ vom Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration vom 15.03.2018. Diese schildert den grandiosen Erfolg im Stil einer Pressemitteilung, die zur Selbstbestätigung der eigenen Arbeit dient. Lediglich eine kurze Statistik gib tatsächlich Auskunft: “Insgesamt sind rund 9.000 Bürgerkontakte in den ersten vier Monaten seit Start des Vollzugsdienstes zustande gekommen. Davon hat der Vollzugsdienst in rund 5.400 Fällen mit mündlichen Verwarnungen auf Ordnungsstörungen reagiert. In 190 Fällen wurden Bußgelder und Verwarnungen verhängt.” Das heißt, in einem Jahr haben die 11 Mitarbeiter des VD genau 190 Ordnungswidrigkeiten (Wildpinkeln, Nächtigen, Ruhesörung, etc.) verwarnt oder mit Bußgeldern geahndet.

Die Ausbildung:

Die Ausbildung des VD ist von der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Freiburg und dem Polizeipräsidium Freiburg konzipiert und wird von den beiden Stellen auch durchgeführt (Stadt Freiburg, 2017).

Die Ausbildung dauert 2 Monate und beinhaltet eine theoretische Ausbildung, ein „Deeskalationstraining“, ein Selbstverteidigungskurs, eine Hospitation beim Gemeindevollzugsdienst & beim Polizeirevier Freiburg Nord, ein Erste-Hilfe-Kurs und ein “intensives Antikonflikttraining”. Was dabei zur “theoretischen Ausbildung” gehört und wie die Deeskalationstrainings aussehen ist aber nicht genauer herauszufinden.

Gerade in Hinblick auf den Fokus auf deeskalative Techniken, welche auch in der Ausschreibung zum Leiter des VD gesetzt wurde, ist es besonders interessant, das gerade ein ehemaliger Militärpolizist die Stelle bekommen hat. Von diesem Ansatz kann man sich aber auch nicht all zu viel erhoffen, soll er lediglich bewirken, dass Autorität ohne direkte physische Gewalt angewandt wird, sondern stattdessen über sozialen Zwang und psychologischer Beeinflussung die Bürger zum konformen Verhalten gezwungen werden.

Disziplinierung durch den VD – Verdrängt wird was nicht passt

Mit der Einführung des Vollzugsdienstes hat sich die Debatte um die Nutzung des öffentlichen Raums in Freiburg in letzter Zeit stark versteift. Auf eben diese Behörde und dem Ansatz von Durchsetzung der Polizeiverordnung um sich unliebsames zu entledigen. Beispielhaft lässt sich dies gut an der Medienaktion um die Dreisam herum beschreiben, diese ist jedoch nur exemplarisch für die Gestaltung der Debatte, die dabei von der Stadtverwaltung betrieben wird.

Der kommunale Vollzugsdienst hat im Rahmen einer „Schwerpunktwoche“ „verstärkt Kontrollen“ an der Dreisam durchgeführt. Diese Aktion wurde im Vorfeld bereits über die lokale kostenlose Zeitung „der Freiburger Wochenbericht“ angekündigt (Freiburger Wochenbericht, 2019). Diese Ankündigung ist vonseiten des Freiburger Wochenberichts gewohnt erstaunlich unkritisch und nimmt bereits Formen eines Imagepflegebeitrages für den kommunalen Ordnungsdienst an. Laut Darstellung des Leiters des VD, Roman Oswald, gebe es dort akut Probleme mit feiernden Menschen und Hunden, welche nicht an der Leine seien. Als Aktion ist nun der VD dort Streife gelaufen, mit dem Erfolg, dass sie wohl bestimmt einige Menschen auf Fehlverhalten hingewiesen haben. Das Absurde: Der Bürgerverein hat ganz klare Forderungen und Lösungskonzepte, dazu zählen ein verbessertes Müllkonzept, mehr Doggybag-Stationen und mehr bzw. überhaupt öffentliche Toiletten. Hier zeigt sich gut, dass statt über diese zu reden und sie auch umzusetzen der VD als aktionistischen Ansatz die Aufmerksamkeit vom städtischen Nichthandeln ablenkt und gleichzeitig immer weiter daran arbeitet die zunehmende Präsenz von uniformierten „Ordnungshütern“ zu normalisieren.

Außerdem wird seit der Einführung des VD gegenüber marginalisierten Gruppen, vor allem Obdachlose Menschen und Menschen die versuchen mit Betteln über die Runden zu kommen, eine Strategie der Vertreibung gefahren. So gestaltet sich der Innenstadtbereich für den Samstagseinkäufer*in nun als saubere Gegend, in der Mensch maximal von Straßenmusik (die in das Freiburger Stadtimage, welches gepflegt wird, passt, solange die Künstler*innen sich eine Genehmigung besorgen) genervt wird, und nicht ab und zu auch mal nach einem Euro oder Zwei gefragt. Die Sicht auf die Grausamkeit kapitalistischer Reichtumsverteilung bleibt auch versperrt, da schlafende Obdachlose die in den Arkaden und Türen der Innenstadt viel seltener zu sehen sind. Auch dieser Umgang löst jedoch keines der Probleme der Stadt, sondern schiebt dieses lediglich in die umliegenden Stadtteile, wo sie den Tourist*innen nicht auffallen.

Die Beispiele zeigen, dass der VD vor allem eins tut: Er normalisiert uniformiert-autoritäre Lösungskonzepte welche der Beschwerdemacht weniger Anwohner*innen zu verdanken sind. So schafft sich der Kommunale Vollzugsdienst über den VD außerdem mehr Kompetenzen, die eigentlich bei der Polizei angesiedelt waren (während Parallel die Polizei sich auch immer mehr Kompetenzen sichert, wie durch das neue Polizeigesetz welches im letzten Dezember mit durch den Landtag gewunken wurde). Für Menschen deren Leben mehr oder gar nur im öffentlichen Raum sich ansiedelt, egal ob Zwangsweise auf Grund finanzieller Not oder sonstigen Gründen, oder freiwillig, wird dabei der Alltag immer schwieriger, statt das ihnen geholfen werden. Schlussendlich ist und bleibt es dabei, dass uniformierte Autoritäten keine Lösung sind für die zwischenmenschlichen Konflikte einer Stadt. Soziale Lösungen, welche die Interessen der Bürger*innen wirklich gegenseitig in Einklang bringen könnten, wie das Schaffen städtischer Freiräume für Nachtschwärmer, fürs Grillen, für Kunst und Sport, etc, wären angebracht, doch einer ernsthaften Debatte darüber hat der Stadtrat mit der Sicherheitspartnerschaft und dem VD effektiv erst mal ein Riegel vorgeschoben.

Es bleibt uns zum Schluss noch festzustellen, dass davon auszugehen ist, dass der VD über die Jahre nur größer werden wird und mehr Kompetenzen bekommen wird. Zumindest bis die Stadtverwaltung wirklich mit einer Art Stadtpolizei in Freiburg für Ruhe und Ordnung sorgen kann. Jene für eine Stadt doch eigentlich so untypische Ruhe und Ordnung. Die personelle Aufstockung des VD ist dabei ein erstes Anzeichen, die Forderung der SPD Stühlinger nach „Teleskopschlagstöcken“4 für den VD lässt schlimmeres erahnen.

Quellen:

Fußnoten:

2 Vgl. hierzu die neue Stadtpolitik gegenüber Graffiti: https://rdl.de/beitrag/lieber-der-gesunden-volksmeinung-als-der-wissenschaft-folgen

3 Vgl. hierzu auch: https://praxistipps.focus.de/ordnungswidrigkeit-und-straftat-das-ist-der-unterschied_107419. Zuletzt aufgerufen am 31.10.19.

4 Vgl. dazu das SPD Stühlinger Magazin, Ausgabe 3-2018